Bergwandern mit Hund – Interview mit Romy von Etappen-Wandern

Bergwandern mit Hund ist als Tagesetappe relativ gut zu kalkulieren und zu planen. Eine Weitwanderung und das noch in den Bergen ist deutlich schwieriger. Romy vom Blog Etappen-Wandern ist eine bergliebende Flachländerin, die gemeinsam mit ihrer Münsterländer-Hündin Lotte zu Fuß meist durch die Alpen streift. Hüttentouren, Fern- und Weitwanderwege gehören sozusagen zu ihren Spezialitäten, wobei sie auch große Höhen und steile, lange Anstiege nicht scheuen. Ob Alpe-Adria-Trail, Meraner Höhenweg oder der fast 700 Kilometer-lange Sentiero della Pace (italienischer Friedensweg) – alle stehen sie schon auf der Habenseite des 6-beinigen Gespanns. Im letzten Jahr wanderten die beiden den Sentiero della Pace an einem Stück. Immerhin 8 Wochen waren sie unterwegs, überwanden mehr als 80.000 Höhenmeter und bezwangen mehr als 30 Gipfel oder Pässe.

Was war Dein schönstes Wander-Erlebnis mit deinem Hund Lotte?

Auch nach langem Nachdenken, kann ich aus den vielzähligen, nicht das eine schönste Erlebnis auswählen. Da gibt es Biwaknächte, wo sich mein Hund an mich kuschelt und wir uns gegenseitig wärmen. Oder wenn wir eine gefährliche Situation meistern. Wir mussten im Sommer eine Seilbrücke über einen reißenden Strom queren. Das haben wir balancierend – Lotte auf meinem Rucksack, ich eine Hand am Seil und eine um Lottes Hinterbeine zur Sicherung – unglaublich toll gemeistert. Das Hochgefühl danach ist unbeschreiblich.

Lotte im Wald
Lotte und Romy wandern in den Dolomiten, vorbei an den Drei Zinnen

Ein anderes Mal habe ich mich in einem Waldstück am Berg verlaufen, weil ich einen Wildwechsel für einen Weg hielt. Verzweifelt habe ich irgendwann Lotte vorgeschickt und sie hat mich sicher zum Weg zurückgeführt. Die Erkenntnis, dass Mensch und Hund am Berg ein unschlagbares Team sein können, macht mich jedes Mal aufs Neue glücklich. Und dann ist eigentlich jeder Berg-Tag mit Lotte ein Geschenk. Sie hat viele gesundheitliche Wehwehchen, ist schon 10 Jahre und ich weiß nie, wie lang ich mit ihr noch unterwegs sein kann.

obleme können beim Bergwandern mit einem Hund auftauchen?

Oh, viele. In den Bergen natürlich mehr als im flachen Land. Ein Hund ist grundsätzlich immer ein Teammitglied. Wenn er sich vertritt, verletzt oder schwächelt, dann müssen Herrchen und Frauchen eine Tour abbrechen. Wenn der Hund in den Bergen überfordert ist, muss die Bereitschaft da sein umzukehren. Zudem braucht auch der Hund Bergerfahrung, Trittsicherheit und Schwindelfreiheit, auch wenn das komisch klingt. Bei sehr schweren Wegabschnitten, wie bei seilversicherten Passagen kann es vorkommen, dass der Hund abgeseilt, getragen oder unterstützt werden muss.

Romy und Lotte sind ein echtes Team

Was für mich aber fast das wichtigste ist, dass man als Mensch besonders beim Weitwandern oder alpinen Wandern seiner Fürsorgepflicht nachkommt. Ein Hund wird bis zur absoluten Erschöpfung weiterlaufen, er kann ja schlecht sagen: „Ich kann nicht mehr!“ Also gilt es, seinen Vierbeiner gut zu kennen, zu beobachten und sein Leistungsniveau richtig einzuschätzen. Bei Weidetieren gilt zudem besondere Vorsicht.

Wie hast Du Deinen Hund auf die langen Bergwanderungen vorbereitet?

Romy und Lotte haben Spaß an der Bewegung und genießen die Zeit beim Wandern als Team

Bei uns ist das recht einfach: Lotte ist immer ein bisschen fitter als ich. Wenn ich also die Touren so wähle, dass sie mich richtig herausfordern, hat sie immer noch Spaß und Freude an der Bewegung. Aber wir haben natürlich auch nicht mit schweren Strecken angefangen, sondern erst Tagesausflüge in den Alpen gemacht, bevor wir uns auf eine Etappenwanderung begeben haben. Da war schnell klar, Lotte mangelt es weder an Kondition noch an Trittsicherheit oder Schwindelfreiheit. Wer allerdings im Alltag doch eher faul mit seinem Hund ist, sollte sein Pensum vor einer größeren Tour schon einige Wochen vorher langsam steigern.

Was gehört zur wichtigen Ausrüstung 
beim Bergwandern mit Hund?

So viel wie nötig, aber so wenig wie möglich, denn das will ja alles getragen werden. Auf Tageswanderungen reicht neben Wasser ein kleines 1. Hilfe Set inklusive Pfotenschutz falls es Probleme an den Ballen gibt sowie je nach Hund und Jahreszeit ein Regenschutz oder auch ein warmes Fleece für den Hund. In den Bergen gehört meines Erachtens zudem auch ein robustes Bergsteigergeschirr sowie eine reißfeste Leine zum Equipment. Wer länger unterwegs ist, braucht natürlich mehr. Dann kommen Isomatte, Futternapf und natürlich das Futter selbst dazu. Wer kann, sollte schon vor einer Mehrtagestour auf ein spezielles Hundefutter umstellen. Es gibt beispielsweise getrocknetes Futter, welches man mit Wasser quellen lassen muss und was sehr gut im Verhältnis Gewicht/Energiezufuhr ist. Dennoch landet man schnell bei 3-4 Kilo für einen 20-Kilo-Hund in 10 Tagen, die man tragen muss. Einen Hunde-Rucksack kann Lotte aufgrund von Rückenproblemen nicht tragen.

Lotte hat großen Spaß an Bergwanderungen und ist perfekt ausgerüstet

Was gibt es beim Bergwandern mit Hund zu beachten?

Am Berg ist neben der richtigen Ausrüstung Gehorsam das wichtigste. Wer seinen Hund nicht unter Kontrolle hat, riskiert auch das eigene Leben. Ein Hund, der an der Leine zieht, sich nicht stoppen lässt oder zwischen den Beinen rumspringt, ist eine große Gefahr. Lotte beispielsweise kann ich vorschicken, anhalten oder ihr sagen, dass sie hinter mir laufen soll – auch auf sehr schwierigen Bergwegen. Ich kann sie abseilen, tragen oder sichern. Wenn diese Basis stimmt, darf man seinem Hund auch viel zutrauen. Lotte läuft meist frei. Sie wartet an schwierigen Stellen, so dass ich ihr helfen kann. Manchmal aber komme ich an eine riesige Stufe und denke: „Man, wie ist sie denn da drüber gekommen?“ Aber sie weiß halt am besten, wo sie Hilfe braucht und wo nicht.

Gibt es im Vertrauen auch Grenzen?

Ja. Bei allen Situationen, die der Hund nicht überblicken kann, muss ich das Kommando übernehmen und auch mal die Leine einsetzen. Ein erfahrender Hund kann beispielsweise sehr gut abschätzen, wie er sich an einer Klippe zu verhalten hat. Jedoch kann er nicht wissen, ob eine Schneedecke über einer Felsspalte hält oder nicht. Das muss ich dann übernehmen.

Wo läuft der Hund eigentlich beim Bergwandern mit Hund? 

Das ist ganz unterschiedlich und hängt vom Hund und Weg ab. Lotte läuft am liebsten einige Meter vor mir. Mir ist das ganz recht, weil ich sie so am besten im Blick habe. Ich kann ihr aber vertrauen, dass sie Situationen richtig einschätzt und im Zweifel wartet. Manchmal gehen wir auch Wanderwege, die mit Seilen gesichert sind. Da entscheide ich eher intuitiv, ob Lotte vor mir oder hinter mir läuft. Manchmal schicke ich sie besser vor und sichere sie an der Leine, manchmal hebe ich sie und manchmal gehe ich besser vor, damit ich sie auffangen kann.

Romy und Lotte am Gipfelkreuz

Wo hast Du übernachtet in den Bergen mit deinem Hund?

Hüttenübernachtungen mit Hund sind nicht immer einfach. In vielen Hütten sind Hunde nicht unbedingt gern gesehene Gäste. Nicht zuletzt, weil viele Hundebesitzer auch Regeln missachten. Aber mit etwas Planung findet man meist doch eine schöne Tour, auf die der Hund mitdarf. Manchmal bedeutet das auch, auf seinen eigenen Komfort zu verzichten. Ich weiche zum Beispiel auf Biwakhütten (einfache, unbewirtschaftete Schutzhütten) aus, schlafe im Winterraum der Hütte, steige mal ins Tal ab oder – wenn es gar nicht anders geht – schlafe ich vor der Hütte im Zelt. Dennoch gibt es mittlerweile einige Fernwanderwege, die man auch sehr komfortabel mit Hund gehen kann. Ein Beispiel ist der Fernwanderweg E5 von Obersdorf nach Meran.

Wo findest Du die Wege, die für Eure gemeinsamen Wanderungen geeignet sind?

Wenn es schnell gehen muss auf Blogs! Meistens plane ich die Touren aber selbst mit digitalen Tourenplanern und der guten alten Karte. Natürlich weiß ich nicht, was genau sich in der Realität hinter einem Steig verbirgt. Ist es nur ein ausgesetzter Weg? Oder gar eine seilversicherte Passage? Wir probieren es dann einfach aus – aber immer die Bereitschaft im Rucksack, die Tour im Zweifel abzubrechen. Klettersteige gehe ich aber prinzipiell nicht mit Hund.

Ist aus deiner Sicht jeder Hund Bergwandern geeignet?

Lotte genießt die Aussicht auf die Berge

Mit Einschränkungen ja, denn die kontinuierliche Bewegung des Wanderns ist jedem Hund in die Wiege gelegt. Natürlich muss man je nach Rasse die entsprechenden Wege auswählen. Einen kleinen Hund kannst du vielleicht leichter tragen, aber für ihn ist eine große Stufe auch eine mächtige Herausforderung. Einen schweren Hund kannst du nicht tragen und nur schwer unterstützen, da fallen dann die ganz schweren Wanderwege raus. Nicht zuletzt ist es auch bei Hunden wie bei Menschen. Es gibt die Bergverrückten und die Bergmuffel. Aber letzterer hat sicher auch Freude an einem Flachlandabenteuer im Rudel.

Welches Alter sollte ein Hund für eine große Wanderung haben?

Mit einem Hund der noch kein Jahr ist, macht man mehrtägige Wanderungen natürlich nicht. Den gewöhnt man besser schrittweise an die Belastung in Form von Halbtages- oder Tageswanderungen. Der Rest hängt vom Hund ab. Lotte ist schon 10 Jahre, also umgerechnet etwa um die 70 Jahre alt. Dennoch kennen wir alle am Berg diese drahtigen Senioren, die dich im Aufstieg in die Tasche stecken. So in etwa ist Lotte. Im Januar sagte mir ein renommierter Tierarzt, sie dürfte aufgrund ihrer Spondylose (Verknöcherungen im Rücken) nicht mehr Bergwandern. Nur noch an der Leine und gemäßigte Bewegung, hieß die Empfehlung. Wir haben uns langsam wieder rangetastet und es war phänomenal! Mit jeder Wanderung ging es ihr besser. Sie läuft sich gesund. Sie hat auf unserer 8-Wochen-Tour im Sommer nicht einmal Rückenschmerzen gehabt. Wenn ich dann einige Wochen nicht mit ihr unterwegs sein kann, gehen die Probleme los. Also ist für uns (übrigens für Frauchen auch) die beste Medizin das Wandern.

Hast Du zum Schluss noch ein paar Tipps?

  1. Das wichtigste ist eigentlich, sich langsam ranzutasten. In den Bergen macht man anfangs besser Tageswanderungen, im Flachland darf man auch mit einer Wochenend-Tour starten. Ich habe manchmal das Gefühl, dass „Trekking mit Hund“ schwieriger gemacht wird, als es ist. Es findet sich eigentlich immer eine Lösung.
  2. Reinhängen und sich nicht um dieses wunderbare Erlebnis bringen! Gute Planung ist zudem die halbe Miete. Auch gehört immer die Bereitschaft zum Wandern (mit Hund), auch mal umzukehren und eine Tour abzubrechen.
  3. Betrachte deinen Hund als Partner, denn als Team seid ihr unschlagbar!

Vielen Lieben Dank für das fantastische Interview und die großartigen Tipps. Wer weitere Tipps zum Thema Trekking mit Hund sucht, dem möchte ich gerne Romys Blog www.etappen-wandern.de empfehlen. Auf ihrem Blog bereitet Romy ihre Touren so auf, dass man sie (auch mit Hund) nachwandern kann.

Nick Wassong
Nick Wassong
Ich bin Nick Wassong und ein leidenschaftlicher Wander- und Naturfreund. Deshalb habe ich 2018 den Blog UrbanHiker.de gegründet, auf dem ich meine Erfahrungen und Tipps für Outdoor- und Wanderaktivitäten für Anfänger und Profis teile. Mir ist es ein Anliegen, meine Leser dazu zu ermutigen, die Welt zu Fuß zu erkunden, sei es in der Stadt oder in der Natur. Ich schreibe gerne über Fernwanderwege, Alpenüberquerungen und auch Ein- und Mehrtagestouren durch Deutschland, Europa und die Welt. Seit 2021 begleitet mich meine Whippet-Hündin Asta auf meinen Touren in der Natur und in den Bergen, was uns beiden unglaublich viel Freude bereitet.

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